«Die kleine Chocolaterie am See» von Nadin Maari

Julie ist eine junge Frau, die sich ganz der Schokolade verschrieben hat. Am Wannsee in Berlin betreibt sie eine kleine Chocolaterie und hilft nebenher ihrer Familie und Freunden, deren kleine und grossen Problemchen zu lösen. Nichts scheint so schlimm zu sein, damit man es nicht mit ein paar Pralinen aus der Welt schaffen könnte. Bis Julies eigene Beziehung zu bröckeln beginnt…

Die Autorin Nadin Maari bietet hier eine winterliche Geschichte, die sich wie eine warme Decke über die Leserschaft ausbreiten möchte. Sie ist leicht, bequem und sorgt für Entspannung. Der Schreibstil ist leicht zu verstehen, teilweise etwas überbordend mit Adjektiven, passt aber gut zu der Geschichte, die hier erzählt wird.

Während Nadin Maari bei der Recherche um die Herstellung von allerlei Trüffeln alle Arbeit gemacht hat (tolle Idee auch mit den Rezepten im Anhang!) hapert es für meinen Geschmack etwas mit der Story. Verschiedene Beziehungskrisen bei Haupt- und Nebenfiguren, ein hochangesehener Chocolaterie-Wettbewerb, der Julie an ihre Grenzen bringt, eine TV-Sendung, die plötzlich auf dem Programm steht, Terminkollisionen mit Kunden, ein Haus, das auseinanderfällt – es ist alles etwas viel. Hier hätte eine Straffung oder der Fokus auf einen zentralen Konflikt meiner Meinung nach gut getan. So verkauft die Autorin viele an sich spannende Konflikte unter Wert – und hat kaum Zeit sie alle entsprechend auszuarbeiten. Da taucht ein potentieller Konflikt auf – wird aber wenige Seiten später praktisch mühelos gelöst. In der Regel mit Schokolade.

Julie als Hauptfigur ist für mich ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist sie mit einem ausgeprägten Helfersyndrom ausgestattet und meint, die Probleme ihres Umfelds lösen zu müssen – meist beziehungstechnischer Art – was sie recht greifbar und liebenswürdig macht. Auf der anderen Seite steht aber ihre bodenlose Unzuverlässigkeit, die weit über «sympathisch verpeilt» hinausgeht. Julie ist so in ihrem eigenen Film, dass sie ihr Haus zu einer baufälligen Lotterbude verkommen lässt, verwechselt Wochentage, versemmelt gefühlt alle Termine, die jenseits ihres Berufs von Bedeutung sind und versetzt ihren Verlobten derart oft, dass dieser mittlerweile nichts anderes mehr erwartet. Zudem scheint Julie bisweilen etwas gar naiv. Nicht jede Ehekrise lässt sich mit einer Handvoll Pralinen aus der Welt schaffen.

Etwas überrascht war ich, als die Geschichte nach knapp 310 Seiten vorüber war. Die restlichen 50 Seiten sind mit einer Leseprobe und weiteren Buchempfehlungen gefüllt. Das fand ich persönlich etwas gar exzessiv, ist aber nicht die Schuld der Autorin.

«Die kleine Chocolaterie am See» ist eine romantisch-harmlose Liebesgeschichte ohne Ecken und Kanten. Wer also Spannung, unvorhergesehene Ereignisse oder etwas anderes als ein Happy End erwartet, ist hier schlichtweg falsch. Wer ein paar gemütliche Lesestunden in winterlicher Atmosphäre mit viel – vielleicht etwas zu viel – Schokolade geniessen möchte, kann zugreifen.

Und zum Schluss noch eine kleine Anmerkung eines gebürtigen Schweizers. «Schoggli» sagt hier kein Mensch 😉

Rezensionsexemplar vom Verlag zur Verfügung gestellt.